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Nur gute Erfahrungen: Fabian zur Linden testete die Bodycam zwei Jahre lang.
Mit Bodycam auf Streife
Vor gut einem Jahr führte die Polizei NRW körpernah getragene Aufnahmegeräte ein. Der Wachdienst ist seit Juni 2020 flächendeckend mit Bodycams ausgestattet. Polizeikommissar Fabian zur Linden berichtet auf der Altstadtwache in Düsseldorf über erste Erfahrungen.
Streife-Redaktion

Es ist ein sonniger Mittwochnachmittag. In gut zwei Stunden beginnt Fabian zur Lindens Spätdienst. „Heute unterstütze ich den Dienstgruppenleiter unserer Schicht“, sagt der 28-jährige Polizeikommissar. Er arbeitet seit 2014 beim Polizeipräsidium Düsseldorf. Nach seinen Stationen beim Objektschutz und beim Schwerpunktdienst der Polizeiinspektion Mitte versieht er seinen Dienst nun als Wachdienstbeamter der Polizeiwache Stadtmitte.

Vor Arbeitsbeginn legt er seine Ausstattung für den bevorstehenden Dienst im Streifenwagen an: Uniform mit Schutzweste, Systemgürtel mit Pistole. Außerdem die elektronischen Helfer: Funkgerät, dienstliches Smartphone und die Bodycam. „Es hat nicht jeder eine Bodycam, sondern sie werden zentral in der Wache gelagert“, erklärt zur Linden. Die Bodycam wird also zu Dienstbeginn an jede Einsatzkraft ausgegeben und ist keine persönlich zugewiesene Ausstattung.

 

Was ist das für eine Kamera?

Die Kamera ist mit sieben mal neun Zentimetern annähernd quadratisch und wiegt 142 Gramm. Sie ist also ziemlich leicht. „Im Dienst bemerke ich sie quasi gar nicht“, erklärt zur Linden. Die kleine Kamera hat eine auffällige Taste zentral an der Vorderseite, die eigentliche Optik ist am Rand angebracht. Schwarze Aufdrucke auf gelbem Grund weisen auf das Aufnahmegerät hin. Die Bodycam macht nicht nur Videoaufnahmen in HD-Qualität, sondern ist auch mit einem Mikrofon ausgestattet. So können Einsätze im Falle einer Aufzeichnung in Bild und Ton wiedergegeben werden.

Nun muss die Bodycam aber noch an der Uniform befestigt werden. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Fabian zur Linden beschreibt, welche Variante er bevorzugt: „Richtig gut funktioniert das, seit es die Außentragehülle gibt.“ Das ist eine multifunktionale Weste, die über der eigentlichen Uniform getragen wird – mit integrierter Tragevorrichtung für die Bodycam. „Das Gerät wird ganz einfach eingeklinkt, genauso wie ein Funkgerät.“

Die Kameras vertragen Frost und Hitze bis 50 °C und Feuchtigkeit. Sie sind stabil und vertragen einen Fall aus 1,80 Metern Höhe. Die Lithium-Ionen-Akkus sind für einen Betrieb von ca. zwölf Stunden ausgelegt und reichen damit im Normalfall für eine ganze Schicht aus.

Von 2017 bis 2019 testeten zunächst fünf der 47 Kreispolizeibehörden die Bodycam. Das Pilotprojekt des LZPD NRW (Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW) wurde wissenschaftlich begleitet und führte zum Erfolg. „Ich war seit Beginn an der Einführung auf der Wache beteiligt“, erzählt Fabian zur Linden. „Die wesentlichste Verbesserung ist die Halterung. Am Anfang gab es noch eine Magnethalterung, die nicht praktikabel gewesen ist. Seit Einführung der Außentragehülle tragen wir die Bodycam fest und sicher am Körper.“

Inzwischen gehört das körpernah getragene Aufnahmegerät, wie die Bodycam formal heißt, landesweit zur bewährten Standardausstattung im Wachdienst. Sie soll potenzielle Angreifer und Gewalttäter abschrecken, also gefahrenabwehrend und deeskalierend wirken. Die Bodycams ermöglichen durch Videoaufzeichnung zusätzlich die beweissichere Dokumentation von Straftaten. Das neue Einsatzmittel bietet damit im täglichen Dienst eine Lösung für die Aufzeichnung, Speicherung und Analyse wichtiger Video- und Audio-Beweismittel. Das schließt eine Schnittstelle zur Datenübertragung mit ein.

„In unserer Wache werden die Bodycams an einer Dockingstation geladen. Sie hat neben der Ladefunktion eine direkte Netzwerkverbindung, damit die Daten unmittelbar und automatisch auf den Computer des Wachdienstführers überspielt und gesichert werden. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und erleichtert die Arbeit“, erklärt zur Linden.

Im täglichen Einsatz hat sich die Kamerabegleitung längst bewährt, berichtet er: „Insbesondere bei Randalierern, Schlägereien oder Einsätzen mit größeren Personengruppen in der Düsseldorfer Altstadt kommt die Bodycam öfter zum Einsatz.“ Die Bodycam wird dann meistens ad hoc verwendet. „ Leider vergisst man das Einschalten auf die Schnelle auch schon mal, sodass wir uns nachher schon mal geärgert haben, die Aufnahmen nicht zur Verfügung zu haben. Das muss sich alles noch einspielen.“

 

Wann ist der Einsatz der Bodycam zulässig?

Das Einschalten der Kamera ist an bestimmte rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Diese wurden 2016 mit der Einführung des § 15c Polizeigesetz NRW geschaffen. „Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte“ heißt dieser Paragraf. Die Ermächtigungsgrundlage regelt detailliert, wer zu welchem Zweck und in welcher Situation Aufnahmen machen darf. Auch spezielle Verfahrensvorschriften sind vorgegeben, z. B. zum Einsatz innerhalb von Wohnungen, zu Löschungsfristen und zu Verwertungsrechten.

So ist ein Einsatz der Bodycam in Wohnungen nur dann zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die Entscheidung liegt in solchen Fällen – außer bei Gefahr in Verzug – bei der Polizeibeamtin oder dem Polizeibeamten, die oder der den Einsatz leitet. Eine Aktivierung des Aufnahmegeräts ist betroffenen Personen außerdem mitzuteilen, sofern nicht Gefahr im Verzug besteht.

 

Wie aber schult man die vielen Wachdienstbeamtinnen und -beamten für ein neues Gerät? Oder ist die Bodycam intuitiv bedienbar?

„Ja, das ist sie“, sagt zur Linden. „Ich wurde im Rahmen eines Dienstunterrichts geschult, in dem unser Multiplikator neben den rechtlichen Voraussetzungen die wichtigsten Funktionen und Bedienungsmöglichkeiten vorgestellt hat. Die Handhabung der Bodycam ist sehr einfach und stellt für die Kolleginnen und Kollegen kein Problem dar.“

Die Schulung der Tausenden Anwenderinnen und Anwender gewährleistet das LAFP NRW (Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW) gemeinsam mit den Behörden vor Ort. In 30 Seminaren wurden in Selm-Bork die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vorbereitet. Unterstützt werden sie durch einen virtuellen Kursraum. Das LAFP NRW stellt darin Videos, Präsentationen und Hintergrundinformationen zur Verfügung – online und damit jederzeit und überall abrufbar.

 

Erste Erfahrungsberichte liegen vor

Die Auslieferung der Bodycams an den Wachdienst bei der Polizei NRW ist seit dem 19. Juni 2020 abgeschlossen. Und inzwischen liegen auch schon erste Erfahrungsberichte vor. So wird die Bodycam im Einsatz immer zunächst zur Eigensicherung, also gefahrenabwehrend, genutzt. Je nach Entwicklung einer Einsatzlage dienen die Aufnahmen anschließend auch der Beweissicherung im Strafverfahren.

In vielen Einsätzen wird die Bodycam auch genutzt, um rechtlich und taktisch beanstandungsfreies Einschreiten zu dokumentieren. Allein schon das Mitführen bzw. Einschalten der Bodycam wirkt deeskalierend. Die Wirkung der Bodycam ist erfahrungsgemäß hingegen eingeschränkt bei Personen, die unter Alkohol- oder Betäubungsmitteleinfluss stehen oder psychische Beeinträchtigungen haben.

Das bestätigt auch zur Linden: „Für mich ist die Bodycam insbesondere für die beweissichere Strafverfolgung ein erheblicher Gewinn, um die getroffenen polizeilichen Maßnahmen zu dokumentieren.“ So berichten einige Behörden über konkrete Einsätze, auf die die Nutzung der Bodycam Einfluss genommen hat.

Bei einer Behörde im Ruhrgebiet kam es beispielsweise bei einem Einsatz wegen Ruhestörung zu einer tumultartigen Auseinandersetzung mit ca. 20 Personen auf einem Hinterhof. Die mitgeführten Bodycams von mehreren Einsatzkräften zeichneten die Widerstandshandlungen auf. Gegen den Hauptbeschuldigten wurde auch wegen der aufgeführten und aufgezeichneten Tathandlungen eine Untersuchungshaft angeordnet. Ein anderer Polizist aus dem Ruhrgebiet berichtet zudem von der präventiven Wirkung der Bodycam. Nachdem er einen Störer auf das Einschalten der Bodycam hingewiesen hat, hatte er weniger Probleme in der weiteren Einsatzbearbeitung. Auch zur Linden hat in Einsätzen unterschiedliche Erfahrungen gesammelt: „Es gibt Leute, die reagieren auf die Bodycam ganz empfindlich. Es gibt aber auch Menschen, die sich dann schnell beruhigen.“

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