LZPD Podcast-E Anlage 4 Konfliktberatung

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LZPD Podcast-E Anlage 4 Konfliktberatung

Anlage 4: Konfliktbearbeitung 

In dieser Anlage werden Ursachen für Konflikte erläutert, Eskalationsstufen erklärt, Folgen von Konflikten betrachtet und Handlungsempfehlungen für die Konfliktintervention gegeben. 

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  1. Einleitung 

    1.1 Folgende Ursachen können grundsätzlich konfliktauslösend sein: 

Überall da, wo Menschen aufeinandertreffen, sind Konflikte unvermeidbar. Sie entstehen, weil Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen. Das Entstehen von Konflikten sollte nicht als isoliertes Phänomen betrachtet werden, das mit der Konfliktklärung abgeschlossen ist. Konfliktmanagement ist als andauernder Prozess zu verstehen. „Ein Konflikt bedeutet übrigens nicht, dass nur eine Partei im Recht ist. Ganz im Gegenteil, bei vielen Konflikten haben mehrere Parteien Recht. Und genau das ist das Schwierige an einem Konflikt. Eine Lösung zu finden ist nicht immer einfach und Bedarf viel Fingerspitzengefühls. Gutes Konfliktmanagement ist daher sehr wichtig, um Konflikte konstruktiv lösen zu können. Im Idealfall können aus Konflikten dann sogar positive Erfahrungen gewonnen werden und die Zusammenarbeit der Beteiligten zukünftig bereichern.“ Werden Konflikte nicht (zur Zufriedenheit der Beteiligten) bearbeitet, eignen sie sich als Nährboden weiterer Kontroversen und negativer Entwicklungen (Eskalation, Ausweichverhalten, Aggressionshandlungen, innere Kündigung, Erkrankungen). 

· Es werden gleichzeitig mehrere Handlungspläne verfolgt. 

· Es besteht eine Diskrepanz von Vorstellungen und Meinungen. 

· Es besteht eine Diskrepanz von Sachzielen und Zielerreichungsmaßnahmen. 

· Die zur Verfügung stehenden Informationen sind unvollkommen. 

· Es bestehen Kompetenzunklarheiten. 

· Es gibt für wichtige Entscheidungen keine verbindlichen Handlungsnormen. 

· Es herrscht Konkurrenz um knappe Ressourcen. 

· Ein bestehendes Problem wird einfach offengehalten. 

Eine mögliche Entwicklung dieser Ursachen zu Stressoren kann in körperlichen und seelischen Erkrankungen münden. Somit haben Führungskräfte, auch im Sinne des Behördlichen Gesundheitsmanagements der Polizei NRW (BGMPol NRW), eine besondere Verantwortung: Ihre Aufgabe ist es, anstehende Konflikte zu erkennen, anzusprechen, sowie ein insgesamt angemessenes Vorgehen zu initiieren. Alle Beteiligten haben ein hohes Maß an Disziplin zu erbringen, indem sie sich gegenseitig und das potenzielle Konfliktthema ernst nehmen, sachlich bleiben, sowie Gesprächs- und Lösungsbereitschaft signalisieren.

1.2 Folgende Indikatoren können für das Vorliegen eines Konfliktes sprechen: 

· Ablehnung, Widerstand, 

· Aggressivität, Feindseligkeit, 

· Sturheit, Uneinsichtigkeit, 

· Flucht, Kontaktvermeidung, 

· Überanpassung, Kritikvermeidung, 

· Desinteresse, Rückzug, 

· übermäßige Formalität. 

 

1.3 Konfliktbeteiligte 

Konflikte können sich grundsätzlich zwischen Einzelpersonen, zwischen Gruppen und innerhalb von Gruppen entwickeln. Sie können in ausgewählten Situationen auch ausschließlich einer Person innewohnen. Konflikte können sich im Ursprung aus Kontroversen innerhalb der Mitarbeiterschaft entwickeln; auch die Führungskraft kann Teil eines Konfliktes sein. Dies bedeutet eine zusätzliche Herausforderung für die Konfliktbearbeitung. 

 

2. Theoretischer Hintergrund 

Kommunikation, insbesondere Gespräche, stellen die Grundlage für eine Konfliktlösung dar. Nur wer miteinander spricht findet gemeinsame Lösungen und Wege aus verfahren empfundenen Situationen und kann so Missverständnisse aufklären. Eine gut überlegte und frühzeitige Konfliktintervention ist für die Beteiligten zielführend. 

2.1 Konflikteskalationsmodell (Stufenmodell nach Glasl)2 Im folgend dargestellten Modell werden neun Eskalationsstufen dargestellt und unterschieden. Mit dem Betreten des jeweils nächsten Niveaus werden die Handlungsmöglichkeiten der Konfliktparteien zunehmend eingeschränkt. Der Übergang von Stufe zu Stufe kann auch als das Abgleiten von einem Regressionsniveau zu einem noch niedrigeren Regressionsniveau bezeichnet werden. Die Konfliktparteien lassen sich danach von Denkgewohnheiten, Gefühlen und Stimmungen sowie von Motiven und Zielen leiten, die nicht einer objektiven Betrachtung entsprechen.

Erste Ebene (Win-win-Situation: Es ist noch alles offen.)

  1. Verhärtung Die Standpunkte verhärten sich und prallen aufeinander. Das Bewusstsein bevorstehender Spannungen führt zu Verkrampfungen, trotzdem besteht noch die Überzeugung, dass die Spannungen durch Gespräche lösbar sind. Es gibt noch keine starren Parteien oder Lager. 
  2. Debatte Es findet eine Polarisation im Denken, Fühlen und Wollen statt. Es entsteht ein Schwarz-Weiß-Denken und eine Sichtweise von Überlegenheit und Unterlegenheit. 
  3. Aktionen Die Überzeugung, dass Reden nichts mehr hilft, gewinnt an Bedeutung. Handelnde Personen verfolgen eine Strategie der vollendeten Tatsachen. Die Empathie mit dem anderen geht verloren, die Gefahr von Fehlinterpretationen wächst.

Eine Intervention ist durch das Ansprechen und Behandeln des Konflikts innerhalb der Führungsbeziehung möglich. Ggf. ist eine (externe) Moderation hilfreich. 

Zweite Ebene (Win-lose-Situation: Ab hier gibt es Gewinner und Verlierer.)

 4. Images/Koalitionen 

Der Konflikt verschärft sich. Die Gerüchte-Küche kocht. Stereotypen und Klischees werden aufgebaut. Es geht nicht mehr um die Sache. Die Parteien manövrieren sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpfen sich. Es findet eine Werbung um Anhänger statt. 

 5. Gesichtsverlust 

Es kommt zu öffentlichen und direkten (verbotenen) Angriffen, die auf den Gesichtsverlust des Gegners zielen. 

 6. Drohstrategie 

Drohungen und Gegendrohungen nehmen zu. Der eigene Machtanspruch steht im Vordergrund. Durch das Aufstellen von Ultimaten wird die Konflikteskalation beschleunigt.

Eine Intervention ist durch Mediation möglich. Für die Durchführung solcher Verfahren stehen Personen aus dem Helfernetzwerk der Polizei NRW zur Verfügung.

Dritte Ebene (Lose-lose-Situation: Ab hier nur noch Verlierer.)

7. Begrenzte Vernichtungsschläge 

Der „Gegner“ wird nicht mehr als Mensch gesehen. Begrenzte Vernichtungsschläge werden als passende Antwort durchgeführt. Umkehrung der Werte: Ein relativ kleiner eigener Schaden wird bereits als Gewinn bewertet. 

8. Zersplitterung 

Die Zerstörung und Auflösung des feindlichen Systems werden als Ziel intensiv verfolgt. 

9. Gemeinsam in den Abgrund 

Es kommt zur totalen Konfrontation ohne einen Weg zurück. Die Vernichtung des Gegners zum Preis der Selbstvernichtung wird in Kauf genommen.

Eine Intervention ist nur noch durch einen Machteingriff „von oben“ möglich. Das bedeutet, dass gemeinsam mit vorgesetzten Führungskräften und der personalführenden Stelle eine Konfliktklärung herbeigeführt werden muss. Dazu bieten sich Maßnahmen der Personalführung an (z. B. Umsetzungen, Abmahnungen). Darüber hinaus ist die strafrechtliche und disziplinarrechtliche Relevanz zu berücksichtigen. 

 

3. Konfliktintervention 

Der Fokus dieser Handlungsempfehlung liegt auf der Intervention innerhalb der o. g. ersten Ebene, also der Gesprächsführung. 

3.1 Selbstreflexion der Führungskraft 

Mit Bekanntwerden eines Konflikts ist es für die Führungskraft unerlässlich, sich mit dem eigenen Führungsverhalten kritisch auseinanderzusetzen (Selbstreflexion). Folgende Themenfelder eignen sich hierfür: 

· Anforderungen (qualitativ und quantitativ), 

· Kommunikation (Transparenz, Eindeutigkeit), 

· Beziehung (Wertschätzung), 

· Prüfung der Notwendigkeit von direktiven Vorgaben und Maßnahmen. 

 

3.2 Durchführung von Konfliktgesprächen (Erstgespräch) Die zeitnahe Durchführung eines Konfliktgesprächs ist von erheblicher Bedeutung. Das oben beschriebene Eskalationsmodell lässt erkennen, dass mit steigendem zeitlichen Abstand der Intervention die Chancen auf eine erfolgreiche Bearbeitung sinken.

3.2.1 Ausgewählte Phasen eines Konfliktgesprächs 

Allgemeine Hinweise zur Durchführung von geplanten Gesprächen sind in der Anlage 2 dieser Rahmenkonzeption (Kommunikation/Führungsgespräch) beschrieben und sollten berücksichtigt werden.

3.2.1.1 Feststellung des Konflikts 

Hier geht es um die vorwurfsfreie, transparente Darstellung der festgestellten konkreten Situation(en), bzw. des ursächlichen Verhaltens. Es bietet sich zunächst eine Schilderung durch die Führungskraft als Gesprächsorganisator an. Der Nutzung von IchBotschaften, sowie dem Aktiven Zuhören als Grundhaltung kommt eine herausragende Bedeutung zu. Die Schilderung der Situation(en) durch den betroffenen Mitarbeiter5 vervollständigt die Beschreibung. 

3.2.1.2 Zielsetzung und Lösungen entwickeln 

Die verfolgten Ziele und Erwartungen der Beteiligten sind darzustellen. Ziel ist es, im gemeinsamen Austausch umsetzbare Perspektiven für das weitere Vorgehen zu entwickeln. Nur durch das Einbeziehen des betroffenen Mitarbeiters ist eine höchstmögliche Akzeptanz und Identifikation in Bezug auf das weitere Vorgehen erreichbar. Es erfolgt ein Abgleich mit den konkret formulierten Zielen, welche schriftlich festzuhalten sind. 

3.2.1.3 Vereinbarungen 

Konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung sind zu vereinbaren und zu dokumentieren. Sollten die Maßnahmen oder dienst- oder arbeitsrechtlichen Anordnungen mit angekündigten Konsequenzen verbunden sein, ist durch die Führungskraft auf die tatsächliche und rechtliche Umsetzbarkeit sowie erforderliche Beteiligungen zu achten. 

 

 

3.3 Durchführung von Folgegesprächen 

Ein Folgegespräch zur Reflexion ist spätestens nach vier Wochen nach dem Erstgespräch zu terminieren. Es dient insbesondere der Überprüfung des konfliktverursachenden Verhaltens und erforderlichenfalls der Anpassung der zuvor getroffenen Vereinbarungen. Darüber hinaus kann die Durchführung des Folgegespräches eine positive Wirkung zur (Wieder-) Herstellung des Betriebsfriedens entfalten und so das Erreichen der Organisationsziele fördern.

3.4 Erweiterte Gespräche 

Sollte sich keine Verhaltensveränderung des Mitarbeiters einstellen und nicht zu erwarten sein, ist ein weiteres Gespräch unter Hinzuziehung der nächsthöheren Führungskraft zu terminieren. Das Ergebnis des Gespräches sollte dokumentiert und von der Vorgesetzten aufbewahrt werden. Dabei sind datenschutzrechtliche Fristen zu beachten. Weitere Dokumentationen, auch zur Vorlage bei den zuständigen Dienststellen zur Prüfung von arbeits- und dienstrechtlichen Maßnahmen, sind zu fertigen. Dies kann auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt in Abhängigkeit zum Anlass notwendig sein. 

3.5 Wahrnehmung von Unterstützungs- und Beratungsangeboten 

Zu jeder Zeit der Konfliktintervention können durch die Beteiligten dezentrale und zentrale Beratungs- und Unterstützungsangebote wahrgenommen werden. Fallbezogen kann es sich hierbei z. B. um Angehörige des Personalrates oder der Schwerbehindertenvertretung, Soziale Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner, Gleichstellungsbeauftragte oder Beraterinnen und Berater des LAFP NRW handeln. Dies umfasst auch die Option zur Teilnahme an Gesprächen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, selbst gewählte Vertrauenspersonen hinzuzuziehen. 

 

3.6 Dokumentation und sonstige Hinweise 

Der Dokumentation der Gespräche kommt eine besondere Bedeutung zu. In diesen werden die Ergebnisse festgehalten und von den Beteiligten unterzeichnet. Der Mitarbeiter erhält eine Kopie. Des Weiteren sind folgende Punkte zu beachten: 

· Die Erstgespräche sind grundsätzlich vertraulich, deren Inhalte sollten nicht an Dritte weitergegeben werden. Im beiderseitigen Einvernehmen kann davon abgewichen werden. 

· Bei einem Führungswechsel sind die Dokumentationen an die nachfolgende Führungskraft zu übergeben. Diese übernimmt das weitere Vorgehen. 

· Bei der Aufbewahrung sind datenschutzrechtliche Fristen zu beachten. 

· Sollte der Mitarbeiter die Teilnahme an den Gesprächen verweigern, ist dies durch die Führungskraft zu dokumentieren und auf dem Dienstweg weiterzuleiten.

 

4. Fazit 

Konflikte gehören (auch) zum Berufsalltag. Eine frühzeitige Intervention durch die Führungskraft in Form von Gesprächen ist von erheblicher Relevanz und trägt zu einer positiven Gestaltung des Arbeitsklimas, sowie dem Erhalt der Leistungsfähigkeit aller Beteiligten und der Organisation bei.

Anmerkungen zu Fußnoten, Abbildungen und Anlagen

Fußnoten: Für die Audiofassung haben wir uns entschieden, auf Fußnoten weitestgehend zu verzichten. Zu finden sind alle Literaturhinweise, Querverweise und Quellenangaben vollständig in der schriftlichen Fassung.

Abbildungen: Abbildungen sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden: 

Anlagen: Zu einigen Themen gibt es zusätzliche Anlagen z.B. Informationsbögen oder Vorlagen für Vereinbarungen. Diese sind nur in der schriftlichen Fassung zu finden.

Die schriftliche Fassung können Sie hier aufrufen.  

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110